Schnick, Schnack, Schnucks
Tag 2 - 02.02.2005
Allzu lange schlafe ich heute nicht, denn ich werde andauernd von der Heizung geweckt. Das geht ungefähr so: Als erstes fängt der Piezozünder an zu ticken, sozusagen der Countdown, bis die Hölle losbricht. Dann zündet das Gas und man hört es ganz leicht rauschen. Aber das war es natürlich noch nicht, denn die Heizungen funktionieren ja nicht wie bei uns mit Wasser, sondern nur mit Luft. Und um die nun in die Räume zu bekommen, wird ein Ventilator in Gang gesetzt, der nicht nur groß, sondern vor allem auch laut ist. Das ganze läuft so für eine Viertelstunde und dann ist wieder Ruhe. Bis der Höllencountdown von vorne beginnt. Aber man gewöhnt sich irgendwann dran. Es gibt auch noch einen Wecker mit einer LED-Anzeige. Der gibt auch ein merkwürdiges Brummen von sich. Wenn man ihn aber um neunzig Grad dreht, brummt er nicht mehr und als Bonus kann man die Uhrzeit im liegen ablesen.
Aber da ich ja noch so halb auf berliner Zeit bin, werde ich um 4:00 Uhr früh wach und kann nicht mehr schlafen. Also vertreibe ich mir die Zeit, indem ich den Reisebericht vom Vortag in den Computer tippe. So gegen 7:30 gehe ich dann mal nach oben. Die Kinder sitzen schon vor diesem absoluten Riesenfernser, der hier die Hälfte des Raumes einnimmt, und kucken den verrückten Schwamm Spongebob. Jörg schläft noch und Amy wuselt rum und macht sich fertig zum Gehen. Also setze ich mich einfach zu den Kindern und kuck ein bißchen mit.
Nach kurzer Zeit geht Amy los und fährt zur Arbeit und Jörg, der mittlerweile aufgestanden ist, macht Frühstück für die Kinder. Es gibt Honeynut Cherios mit Milch. Da der Schulbus um 8:30 fährt, machen wir uns fünf Minuten vorher auf den Weg. Mitsamt Hund, der sich tierisch darüber freut, daß mal jemand mit ihm rausgeht. Ansonsten sitzt der nämlich nur in der Wohnung oder rennt ein bißchen im Garten rum. Kein Wunder, daß der auf Diät gesetzt wurde.
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Unsere lustige Prozession. Der Hund rennt wie ein besengter vorneweg und die Kinder wie die Verrückten hinterher. |
Manche Kinder werden von ihren Eltern die circa 200 Meter von ihrem Haus bis zur Bushaltestelle mit dem Auto gefahren, was nun wirklich ziemlich übertrieben ist, denn der einzige Verkehr auf der Straße sind genau diese Eltern. Als wir oben ankommen, stellt Nicolas beim Quatschen mit Mitschülern fest, daß er ein Kissen und eine Taschenlampe hätte mitnehmen sollen. Aber fragt mich nicht, wozu er das braucht. Also gehen wir wieder alle zurück und die Kinder werden mit dem Auto gefahren.
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Die Trautwein Elementary School. Also sowas wie eine Grundschule. |
Die Kinder kommen entweder mit dem Schulbus zur Schule oder werden von ihren Eltern gefahren. Bei letzterem gibt es extra eine Kinderentladestation, wo die Eltern nur hinfahren müssen und dann steht da ein Lehrer, der die Türen aufmacht und die Kinder in Empfang nimmt. Man braucht nicht mal auszusteigen.
Jörg und ich fahren nun wieder kurz nach Hause. Jörg duscht noch und ich kuck mir im Fernsehen an, wie dieses komische Murmeltier aus seinem Loch gezogen wird und das Wetter vorhersagt. Heute ist nämlich Murmeltiertag. Alles sieht genauso aus wie in dem Film "Und ewig grüßt das Murmeltier" ("Groundhog Day" auf Englisch). Ich weiß gar nicht, warum ich überhaupt studiere... am besten, ich schaff mir einfach eine Murmeltierfarm an und dann mach ich Kachelmann platt!
Als Jörg fertig ist, machen wir uns auf den Weg nach Downtown St. Louis.
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Mein Haus, mein Auto, mein Bruder. Nagut, stimmt natürlich nicht, mir gehört nur der Bruder. |
Am Straßenrand von der Interstate (sowas wie eine Autobahn) stehen andauernd diese riesigen Reklametafeln. Für was und wie da aber auch geworben wird... Es gibt Werbung für ein "Altenheim St. Louis" (da steht wirklich das deutsche Wort Altenheim!), für ein "Wunderbares" Oktoberfest und natürlich für Jesus. Hier mal ein paar Beweise:
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Wahrscheinlich hängt das Plakat das ganze Jahr da und das Oktoberfest ist immer an den selben Tagen. |
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Vielleicht hätte ich mal kucken sollen, was auf der Rückseite steht. |
Die Innenstadt von St. Louis ist eigentlich nicht unbedingt sehenswert. Es gibt häßliche Häuser und nicht ganz so häßliche. Und es dampft mächtig aus den Gullideckeln. Wir fahren in ein Parkhaus und laufen zu der Hauptsehenswürdigkeit, dem Gateway Arch. Das ist ein riesiger Bogen, der das Tor zum Westen symbolisieren soll. Denn hier in St. Louis begann die Erforschung des Wilden Westens, zum Beispiel durch die Expedition von Lewis und Clark am Missouri entlang.
Der Bogen ist viel größer, als ich dachte und sieht ziemlich beeindruckend aus. Unterirdisch befindet sich das Besucherzentrum, von dem aus man bis nach oben fahren kann. Aber das machen wir heute nicht, dann das Wetter ist schlecht und man würde nicht allzuviel sehen.
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Der Gateway Arch, das Wahrzeichen von St. Louis. Erbaut wurde er von 1963 bis 1965. |
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Hier sieht man im Vergleich mal ganz gut, wie hoch der Bogen eigentlich ist. |
Hinter dem Gateway Arch fließt gleich der Mississipi. Das Wasser ist ziemlich kalt und sieht auch nicht gerade sauber aus. Aber da es auch mächtig angefangen hat zu schneien, machen wir uns wieder auf den Rückweg ins schöne warme Auto.
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Der Mississipi im Schneetreiben. Auf der anderen Seite ist man schon im Bundesstaat Illinois. |
Mittlerweile haben wir auch Hunger und wer mich kennt weiß, daß ich in den USA ja die Chance nutzen muß, bei meinem Lieblings-Fast-Food-Laden Arby's vorbeizuschauen. Also hauen wir uns bei denen ein paar leckere Burger rein.
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Schade, daß es Arby's nicht in Deutschland gibt... |
Es ist jetzt schon früher Nachmittag und wir müssen, bevor die Kinder nach Hause kommen, noch ein bißchen was einkaufen. Eingekauft wird hier bei Schnucks, einer großen Supermarktkette. Falls euch der Name komisch vorkommt, dann seid ihr nicht allein. selbst die Kinder finden den Namen albern. Bei Schnucks gibt es aber alles, sogar eine deutsche Ecke. In der steht zwar hauptsächlich Sauerkraut, aber es gibt auch so tolle Sachen wie Borschtsch-Konzentrat aus Polen und Authentic German Spaetzle von Panni. Panni ist übrigens kein Rechtschreibfehler, das heißt hier wirklich so und das Logo sieht original echt wie das von Pfanni aus.
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Die deutsche Sauerkrautecke. Rotkohl gibt es auch, wie ihr seht. |
Nachdem wir alles für das Abendbrot gefunden haben, kommt nun das absolute Highlight: Die Kasse zum Selbereinscannen. Ein Meisterwerk an Technologie! Als erstes nimmt man seine ganzen Waren und zieht den Strichcode über den Laser, genau so, wie das bei uns immer die Kassiererinnen machen. Allerdings kann man das nächste Produkt erst einscannen, wenn man das vorherige auf eine vorbestimmte Ablagefläche gelegt hat. Da wird nämlich mitgewogen und überprüft, ob man nicht schummelt.
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Hier die Hightechkasse. Oben beim Monitor ist der Scanner und links unten muß man seine Waren in die Tüten eintüten. |
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Unser Einkauf. Bezahlt wird gleich mit Kreditkarte. |
Zur Beruhigung der älteren Menschen gibt es aber auch noch die normalen Kassen, wo einem der Einkauf von einem netten Menschen gleich in eine Tüte gepackt wird.
Wir machen uns nun auf den Weg nach Hause, spielen ein bißchen Autorennen auf der X-Box und holen dann zusammen mit dem Hund die Kinder ab. Für den Hund ist das heute ein Festtag, denn er darf zweimal raus und so freut er sich auch tierisch, wedelt die ganze Zeit mit dem Schwanz und springt hin und her. Die Kinder haben keine Hausaufgaben auf und da sie in der Schule auch brav waren, dürfen sie gleich spielen.
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Hier sieht man, daß Isabella schon die ganze Woche über lieb in der Schule war. |
Jörg albert mit Isabella (Bella, wie sie hier alle rufen) rum und macht mit ihr wilde Turnübungen. Das sieht manchmal mächtig gefährlich aus, aber Bella lacht die ganze Zeit und kriegt sich gar nicht mehr ein. Aber auch der Hund wird als Reitobjekt mißbraucht, ist das aber wohl schon gewohnt und läßt sich gar nicht groß stören.
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Was man mit so leichten Kindern alles anstellen kann... |
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Der lustige Hund namens Casey. |
Ich spiele mit Nicolas (oder Nick) X-Box und bin dem Siebenjährigen hoffnungslos unterlegen. Als ich beim Autorennen mal wieder ganz weit hinter ihm liege, quittiert er das mit dem Satz "Are you my step-uncle or my grandpa?" ("Bist Du mein Stiefonkel oder mein Großvater?") So eine Frechheit, das zahl ich ihm heim, indem ich ihm im nächsten Rennen gnadenlos von der Piste stoße. Hehe!
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Nick beim X-Box spielen auf dem riesen Fernseher. |
Amy ruft an und meint, daß sie gleich kommt und daß wir dann alle ins Kino gehen können. Also werden die Kinder schnell in warme Klamotten verpackt und dann geht es los. Wir kucken uns "Racing Stripes" an, ein Film, in dem es um ein Zebra geht, das unbedingt beim Pferderennen mitmachen will. Die Tiere können alle sprechen und obwohl es ein Kinderfilm ist, hat man auch als Erwachsener manchmal ganz schön was zu lachen. Zum Schluß gibt es natürlich ein Happy End(ing), denn das Zebra gewinnt beim großen Preis von Kentucky. Upps, jetzt hab ich ja schon alles verraten, tut mir leid, wenn ihr euch den Film noch ankucken wolltet.
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Am Popcornstand. Das Kino ist wirklich riesig, es gibt 20 Säle und noch diverse andere Sachen, um sich zu unterhalten. |
Zurück zu Hause gibt es zum Abendbrot was gegrilltes, dazu Kartoffelbrei und grüne Bohnen. Die Kinder müssen dann auch gleich ins Bett und wir Erwachsenen kucken uns noch "Collateral" mit Tom Cruise auf DVD an. Irgendwann werde ich dann aber so müde, daß ich schon mehrmals einnicke. Also verziehe ich mich auch in den Keller zu meiner geliebten Heizung.