Moderne Fluggerätschaften, ein Soldat aus dem Irak und eine glückliche Familie
Tag 1 - 01.02.2005
Nach der maßlosen Enttäuschung gestern am Flughafen schlafe ich trotzdem ganz gut und werde von meinem Wecker um 6:15 Uhr aus den schönsten Träumen gerissen. So als fauler Student ist man ja gar nicht mehr gewöhnt, um diese Uhrzeit aufzustehen. Begleitet von meinen Eltern geht es eine dreiviertel Stunde später mitsamt Koffer und Rucksack zum Flughafen Tegel. Es ist gar nicht so voll, wie ich dachte und so hätte ich mir die Fahrt gestern zum Vorabend-Check-In eigentlich sparen können. Obwohl, ich sitz ja immerhin am Fenster
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Mein Ungetüm von einem Koffer. Ihr glaubt gar nicht, was da alles reinpaßt. |
Der Sicherheitscheck ist ziemlich gründlich. Mein Rucksack wird zwar nicht weiter auseinandergenommen, dafür ist der Metalldetektor aber sehr empfindlich und so muß ich mich bei einem persönlichen Check auch noch meiner Schuhe entledigen. Nach einigem Warten im Wartebereich darf die versammelte Meute dann aber endlich den Lufthansa-Airbus A321 namens "Neustadt an der Weinstrasse" betreten. Ich sitze in der allerletzten Reihe ganz rechts am Fenster und die beiden Plätze neben mir sind leer. Bis plötzlich ein total hektisches, designerklamottentragendes Pärchen aufkreuzt und sich doch noch neben mich setzt. Nach dem, was ich raushöre, sind die beiden sind wohl im Filmgeschäft und haben ein Meeting in Frankfurt. Was es nicht alles gibt.
Nachdem das Flugzeug zugemacht wurde, werden wir rückwärts vom Terminal weggeschoben. Tja, und dann passiert erstmal nichts. Draußen bildet sich langsam ein Stau von Autos und Bussen, da wir genau auf einer der wenigen aufgemalten "Strassen" stehen. Nach gut 20 Minuten erklärt dann der Pilot, daß der "Pusher", ein "hochmodernes Gerät, daß das Flugzeug am Bugrad anhebt und dann in jede Richtung bewegen kann", unser Flugzeug wohl gern hat und es nicht mehr loslassen will. Aber die "netten Menschen von Globeground" sind schon dran und werden die Zangen jetzt abschrauben. Das Flugzeug wackelt mächtig hin und her und man hört auch dumpfe Schläge, was den Filmmann zu der Aussage verleitet, das jetzt wohl mit einem Vorschlaghammer gearbeitet wird. Na Hauptsache, die schrauben nicht gleich das ganze Rad mit ab.
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Einer von den "netten Menschen von Globeground" bei der Gepäckverladung. |
Irgendwann geht es dann aber doch los und wir fliegen über Potsdam, Magdeburg, Erfurt und Fulda nach Frankfurt/Main. Das Wetter ist richtig gut und man kann alles sehen.
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Wozu zum Skilaufen in die Alpen fahren? |
So ein Flug nach Frankfurt lohnt sich eigentlich gar nicht. Man startet, dann kriegt man ein Getränk, mit dem man sich besser beeilt, und dann beginnt auch schon der Landeanflug.
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Der Flughafen in Frankfurt/Main. Auch, wenn es bei der Auflösung schwer zu erkennen ist, aber als Augentest dürft ihr jetzt dreimal raten, welches von diesen Flugzeugen von meiner Lieblingsgesellschaft ist. Kleiner Tip: Es sind nicht die Griechen. |
In Frankfurt muß ich mit dieser komischen Bahn zu einem anderen Terminal fahren. Aber es ist alles halbwegs gut ausgeschildert. Allerdings wartet der nächste Sicherheitscheck auf mich und der hat es in sich. Ich darf sämtliche elektronischen Geräte und alle Zubehörteile auspacken. Und wer mich kennt der weiß, das ist nicht wenig! :-) Als beim dritten Mal durchschieben durch den Röntgenapparat immer noch irgendwelche Teile in diversen Taschen drin sind, hat der Mensch wohl die Nase voll, durchleuchtet lieber noch mal meine Schuhe und dann darf ich weiter. Im Wartebereich von United Airlines drängelt sich schon ein illustrer Haufen an zumeist US-amerikanischen Menschen. Es gibt zwei alte Damen, die sich gerade kennen gelernt haben und sich nun über die Scheidung der einen unterhalten, ein jüdisches Pärchen mit einem von BGS-Banderolen übersäten Kinderwagen und mehrere US-Soldaten in Wüstentarnung. Wobei die sich aber auch noch mal unterscheiden. Einer hat zum Beispiel einen riesigen Aufnäher "Operation Iraqi Freedom" auf der Brust, wohingegen eine andere einen großen Teddybären mit sich rumträgt. Das gibt zu denken.
Das Flugzeug kommt schon mit Verspätung in Frankfurt an und so verzögert sich auch der Abflug. Als erstes werden natürlich die Passagiere der First Class und der Business Class aufgerufen, dann die Vielflieger, dann die 100.000 Meilen-Flieger, die Premium Executive-Flieger, die Business Executive-Flieger, die Star Alliance-Schlag-mich-tot-Flieger, dann die Putzfrau, der Pilot darf natürlich auch mit und ganz zum Schluß dürfen auch die normalen Economy-Passagiere einsteigen. Ich dachte schon, ich muß draußen bleiben. Aber in so eine Boeing 777 passt doch ordentlich was rein.
Auf dem Platz neben mir sitzt dann aber tatsächlich einer der US-Soldaten. Wie die Amerikaner so sind, kommt man natürlich gleich ins Gespräch. Er heißt Chris Milligan und kommt frisch aus dem Irak, genauer gesagt irgendwo von der iranischen Grenze, wo zum Glück nicht ganz so viel los ist, wie in andere Teilen des Landes.
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Auf dem Flug von Frankfurt nach Chicago sieht man eigentlich die ganze Zeit nur Wolken. |
Da man draußen eh nichts sieht, schaue ich mir als erstes "I, Robot" mit Will Smith auf dem Fernseher vor mir an, lese dann von Wladimir Kaminer "Schönhauser Allee" und unterhalte mich ein bißchen mit Chris. Letzteres ist wirklich interessant. Er war 4 Monate im Irak, scheidet jetzt aber nach 12 Jahren aus der Armee aus. Eigentlich hätte er auch mit einer Militärmaschine fliegen können, aber so geht es schneller und er kann vor dem Abliefern seiner Armeeklamotten noch mal schnell nach Hause zu Frau und Kindern. Seine Tochter hat nämlich morgen Geburtstag und von der Familie weiß keiner, daß er kommt. Er zeigt mir auf seiner Digitalkamera auch noch ein paar Bilder aus dem Irak. Nach so viel Erzählerei kann man natürlich auch mal die kritischen Fragen stellen und so will ich von ihm wissen, ob er denkt, daß der Irakkrieg richtig war. Da ist er sich dann ein bißchen unsicher und meint nur "probably not". Aber er sagt auch, daß es eine Erfahrung war, die er im Nachhinein nicht mehr missen möchte. Nur nochmal machen würde er es auch nicht.
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Sergeant Chris. Ein wirklich sehr netter Mensch. Man beachte auch das Schild im Hintergrund. |
Da ich ja nun unbedingt noch das Foto von Chris machen muß, stehen in der Einreiseschlange zwei Drittel des Flugzeuges vor mir. Aber es geht eigentlich, nach 20 Minuten stehe ich vor dem Beamten, gebe die Fingerabdrücke meiner beiden Zeigefinger ab und grinse in genau dieselbe Kamera, die zu Hause bei mir als Webcam steht. Und ich dachte, dieses US-VISIT-Programm wäre was technisch total hochgerüstetes. Mein Koffer kommt auch gleich auf dem Förderband an und so komme ich schnell durch den Zoll. Den Zollmenschen interessiert mein Formular gar nicht, obwohl ich sogar mehr oder weniger ordnungsgemäß das Geschenk meiner Eltern an Amy angegeben habe. Hinter dem Zoll knalle ich den Koffer gleich wieder auf ein anderes Förderband, fahre dann mit einer Bahn wie in Frankfurt, quäle mich durch einen relativ laschen Sicherheitscheck und komme nach ungefähr einem Kilometer Latscherei am richtigen Gate an.
Das Flugzeug nach St. Louis ist richtig klein. Eine Canadair RCJ70 oder so ähnlich. Die Flugbegleiterin redet sowas von schnell und undeutlich, da verstehe zumindest ich nur die Hälfte. Dafür macht der Pilot einem Sportberichterstatter ordentlich Konkurrenz: "This is the flight to Saaaaaaaaaaaaiiiiinnnnt. Loooooouisssss!" oder "Ladies and Gentleman, you might have noticed I just turned off the fasten-your-seatbelt-sign so you are free to walk around in this spaaaaaaaaaaaacious cabin!" Seine Stimme klingt auch, als hätte er damals noch eigenhändig auf dem Flugzeug der Gebrüder Wright das Fliegen gelernt.
Nach dem Start auf diesem Monsterflughafen Chicago hat man noch kurz einen Blick auf die Stadt mit den ganzen Lichtern. Es wird nämlich schon langsam dunkel. Der Flug nach St. Louis ist aber insgesamt noch alberner, als der von Berlin nach Frankfurt. Diesmal muß man sich beim Trinken nämlich richtig ranhalten. Nach circa 40 Minuten in der Luft, und einer Runde über der Stadt, landen wir auch schon auf dem Lambert International Airport in St. Louis. Das Gepäck ist auch gleich da und nach einem kurzen Anruf bei Jörg, wo er denn bleibt, stehe ich fünf Minuten später der glücklichen Familie gegenüber. Obwohl die Kinder, die mich mit ihren großen Augen ankucken, erstmal ein bißchen schüchtern sind.
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Wie aus dem Bilderbuch. Mal kurz zur Erklärung für die Unwissenden (von links nach rechts): Nicolas, Isabella, Amy und mein Bruder Jörg. |
Amy geht an diesem Abend noch zum Billiardspielen und so fahren Jörg, die Kinder und ich alleine nach Hause. Im Parkhaus haben wir tatsächlich das größte Auto von allen.
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Also die Größe muß selbst in den USA mal einer übertreffen. |
Zuhause angekommen gibt es was aus dem Freßnapf für den Hund (aber nur ganz wenig, weil der auf Diät ist), was aus der Dose für die Kinder und was aus dem Glas für uns Erwachsene. Beim Essen sind die Kinder dann schon wieder ganz munter, sie haben wohl gemerkt, daß ich ja eigentlich ein ganz Netter bin. Was das Schlafen angeht, da nehm ich mir dann aber doch ein Beispiel an den beiden Rackern und gehe nicht ganz so spät in mein Kellerbett. Gute Nacht!
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Mein wunderschönes Bett im Keller. Das einzige was nervt, ist die Heizung, die fängt alle halbe Stunde mal an, recht lautstark zu ackern. Dafür hab ich 'nen spitzen Heizlüfter und es liegt tonnenweise Spielzeug von den Kindern herum. Da kommt keine Langweile auf. |