Freibier für alle.
Tag 8 - 08.02.2005
Heute liege ich mal ein bißchen länger im Bett, weil ich die Kinder nun auch nicht jeden Morgen sehen muß. Ist irgendwie ein bißchen streßfreier. Obwohl ich ja schon ziemlich früh wach bin, denn ich hatte glatt vergessen, den Wecker an meinem Handy zu deaktivieren und so klingelt der genau um die Uhrzeit, die ich vor einer Woche eingestellt hatte, um pünktlich am Flughafen zu sein: 6:15 Uhr. Grausam.
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So sieht Casey aus, wenn die Kinder aus dem Haus und auf dem Weg zur Schule sind. Jetzt wißt Ihr, was ich mit "streßfreier" meine. |
Das Wetter ist wieder ziemlich trüb und da überlege ich mir mit Jörg, daß wir ja heute die Tour durch die Anheuser-Busch-Brauerei machen könnte. Ich trinke zwar kein Bier, aber das ist bestimmt trotzdem interessant. Anheuser-Busch ist nämlich überall bekannt als der Hersteller von Budweiser, dem meistverkauften Bier der Welt.
Bevor es aber losgeht, gibt es mal wieder ein Wunderwerk der Technik zu bestaunen. Jörg setzt nämlich schon um 10 Uhr vormittags das Abendessen auf. Das geht mit Hilfe eines Gerätes namens "Slow Cooker". Ich hab keine Ahnung, wie das funktioniert, aber Jörg packt einfach das Rindfleisch rein, kippt ein bißchen Wasser drauf und schaltet das Teil ein. Ich habe ja ein paar Bedenken, ob das nicht irgendwie anbrennt oder so, aber er meint, das wird schon. Nagut, laß ich mich mal überraschen.
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Der "Slow Cooker". Ein sehr merkwürdiges Gerät, vor allem wo es den Amerikanern beim Essen doch sonst nicht schnell genug gehen kann. |
Die Brauerei besitzt ein ziemlich großes Gelände ungefähr 20 Minuten mit dem Auto entfernt. Man kann sie gar nicht verfehlen, denn an der Interstate sind auch schon große Schilder für Besucher angebracht. Es gibt auch einen extra großen Parkplatz, der heute allerdings nicht ganz so gut gefüllt ist. Jörg kennt die Brauerei übrigens schon vom St. Louis Marathon, denn Anheuser-Busch ist einer der Sponsoren und deshalb führt ein Teil der Strecke auch über das Firmengelände.
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Das Tourcenter ist in einem extra Gebäude untergebracht. Ist aber auch genügend Platz vorhanden. |
Im Tourcenter gibt es schon mal einen Überblick über die Geschichte von Anheuser-Busch, diverse Exponate mit Werbung drauf und natürlich den obligatorischen Souvenirladen. Die nächste Tour startet erst in einer halben Stunde und so haben wir genug Zeit, uns alles anzukucken und schon mal ein paar T-Shirts auszusuchen. Irgendwann muß ich ja mal anfangen, den Alaska-T-Shirt-Revival-Wettbewerb zu starten.
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Es gibt auch eine Sammlung von diesen Krügen, teilweise im 19. Jahrhundert in Deutschland gefertigt. Auf Englisch heißt so ein Ding übrigens "Stein". |
Es steht eine Menge Krempel, Verzeihung wertvolle Antiquitäten, aus Deutschland herum und man merkt sofort, daß sowohl Adolphus Busch, als auch Eberhard Anheuser aus Good Old Germany kamen. Um 11:30 Uhr beginnt dann aber die Tour und es sind doch so circa 20 Leute dabei. Einer sieht aus, als wäre er gerade aus seinem Schlafplatz unter einer Brücke hervorgekommen und würde jetzt seine erste Tour des Tages mitmachen. Am Ende kriegt man nämlich zwei Bier umsonst.
Als erstes geht es zu den alten Stallungen, die tatsächlich noch in Benutzung sind. Heute wohnen dort Pferde, die man bei historischen Umzügen und ähnlichem benutzt. Vielleicht sollte ich noch kurz erwähnen, daß die ältesten Gebäude von 1891 stammen, die Brauerei an sich gibt es aber schon länger.
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Das ist ein original echtes Braupferd und es lebt und bewegt sich auch. Kann man hier auf dem Foto natürlich nicht sehen. |
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Eine alte Kutsche mit Bierkisten drauf. Ist schon erstaunlich, wieviel man damit transportieren konnte. |
Es geht nun weiter in einen Raum, wo das Bier in großen Tanks reift, oder so ähnlich, bin ja kein Bierfachmann. Auf jeden Fall sind die Tanks riesig und laut Aussage von Monique, unserem Tourguide, gibt es davon ganz viele. Die genaue Zahl hab ich jetzt vergessen, aber es war schon mächtig gewaltig. Fotos darf man dort leider nicht machen, denn wer weiß, vielleicht sind ja böse Industriespione unter den auf das Freibier geifernden Besuchern.
Als nächstes geht es in das Brauhaus, wo erstmal ein Film gezeigt wird, der zur einen Hälfte aus Werbung für Budweiser, und zur anderen Hälfte aus Informationen über das Bierbrauen besteht. Übrigens würde Budweiser, wenn es in Deutschland gebraut würde, nicht Bier genannt werden dürfen, denn es entspricht nicht dem Deutschen Reinheitsgebot. Es enthält ersten Reis (?) und zweitens wird in den großen Tanks von eben der Boden mit Holzspänen bedeckt, die auch irgendwas machen. Aber das war alles so technisch, das konnte ich mir nicht merken.
Nach dem Film fahren wir allesamt in einem großen Aufzug nach oben und kucken uns die Braukessel an. Die ganzen Gebäude sind übrigens tiptop restauriert und sehen aus, wie zur Jahrhundertwende.
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Die großen Kessel, in denen das Bier gebraut wird. |
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Sogar mit Bildern bemalte Fliesen gibt es an den Wänden. |
Als nächstes geht es nun in die Verpackungsfabrik. Da das ein Bereich ist, in dem produziert wird, ist das Fotografieren wieder nicht erlaubt. Aber man verpaßt auch nicht viel, denn die Besucher fahren mit einer Rolltreppe nach oben, laufen dann circa 10 Meter an einer Dosenverpackungsmaschine vorbei, die irgendwie gerade gar nichts zu machen scheint, dann läuft man die 10 Meter wieder zurück und fährt mit einer zweiten Rolltreppe runter. Das ist ein bißchen entäuschend, aber was soll man machen.
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In der Zeit der Prohibition in den 30er Jahren hielt sich Anheuser-Busch mit Eiscreme und Backwaren über Wasser. Damals benutzte man den Elefant, den ihr oben rechts seht, als Firmenlogo. |
Da man den dicken Amis nicht zutraut, daß sie die circa 300 Meter zurück zum Tourcenter laufen können, wird man mit einem Bus zurückgefahren. Und dann ist es endlich soweit, der Moment auf den fast alle gewartet haben, ist endlich da: Freibier für alle! Dazu bekommt man sogar noch eine Packung Salzbrezeln. Es gibt übrigens auch Softdrinks, also bleibe auch ich nicht ganz auf dem Trockenen sitzen. Der Mensch, der aussieht, als würde er unter einer Brücke schlafen, genießt jeden Schluck und es ist schön, mal lauter glückliche Gesichter zu sehen.
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Freie Auswahl aus sämtlichen Biersorten der Anheuser-Busch-Brauerei. Prost! |
Wir beide werfen uns die Bretzeln rein, trinken dazu eine Cola und gehen anschließend in den Souvenirladen und kaufen uns ein paar T-Shirts. Die sehen wirklich nicht schlecht aus, sind also, trotz der Bierwerbung drauf, selbst für mich Abstinenzler durchaus tragbar.
Wor wir gerade so im Kaufrausch sind, fahren wir noch einmal zur Union Station. Dort schlendern wir ein bißchen herum, kucken uns die alte Station an und erwerben ebenfalls noch ein paar T-Shirts. Die sind gerade im Angebot, 2 für 25 Dollar. Also nehmen wir 4.
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Die große Wartehalle der Union Station. Heute ist das die Lobby von einem etwas nobleren Hotel. |
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Die Union Station bei Tag. Leider kommt nicht so gut rüber, wie groß diese ehemalige Bahnsteighalle ist. |
Der letzte Zug fuhr hier übrigens schon 1979, wenn ich mir das jetzt richtig gemerkt habe. Und die Station war wohl angeblich einmal der größte Bahnhof der Welt. Nachdem wir unsere Einkäufe beisammen haben, geht es zurück nach Hause, denn Jörg muß die Kartoffeln in den "Slow Cooker" werfen. Das Fleisch ist übrigens tatsächlich noch nicht angebrannt, sondern schon ganz gut durchgekocht. Also kommen die Kartoffeln und Möhren dazu und dann fahren wir erstmal was zum Mittag essen.
Wie jeden Tag kommen die Kinder kurz vor 16:00 Uhr nach Hause. Jörg macht mit Bella Hausaufgaben und ich spiele mit Nick X-Box. Um 18:30 Uhr fahren wir Nick zum Basketballtraining. Das ist schon blöd, ohne Auto ist man hier ja völlig aufgeschmissen und so müssen die Kinder immer wohin gefahren werden. Fahrradfahren ist hier auch viel zu gefährlich, weil das sonst keiner macht. Heute ist großer Badetag und während Jörg mit Bella beschäftigt ist, hole ich Nick wieder vom Training ab.
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Das Basketballtraining. |
Nachdem das Fleisch sage und schreibe 10 Stunden im "Slow Cooker" vor sich hingekocht hat, ist nun der Augenblick der Wahrheit gekommen: Es gibt Abendbrot. Und ich muß sagen, das funktioniert! Gut, die Kartoffeln und die Möhren hätten vielleicht ein, zwei Stunden früher rein gemußt, aber man kann es essen und es schmeckt gar nicht mal so schlecht.
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Mahlzeit! |
Abschließen tun wir den Abend mit dem Ankucken des Finales von "The Amazing Race", einer Sendung, in der Paare rund um die Welt reisen und lauter Aufgaben lösen müssen. Und wer als erstes am Ziel ankommt, bekommt 1 Million US-Dollar. Dafür kriegt man bestimmt schon einen "Slow Cooker". Gute Nacht!