Rebellion im Terminal E
Tag 1 - 01.09.2005
Ich würde mich selber ja als lernfähig bezeichnen und deswegen versuche ich bei dieser Reise erst gar nicht die Möglichkeit des Vorabend-Check-Ins am Flughafen. Da wir diesmal aber zu dritt sind und meine Eltern Unmengen an Sachen für die Kinder mithaben, benötigen wir ein größeres Auto. Zum Glück habe ich ja meinen lieben Freund David und seine mildtätigen Eltern, da ist das natürlich kein Problem.
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Es darf gestopft werden. Mein Koffer ist das rote Ungetüm, da sind außer meinen Sachen sogar noch zwei Schlafsäcke von Jörg drin. |
Unser Flug geht von Berlin-Tegel über New York-JFK nach St. Louis zum Lambert International Airport. Diesmal muß also nur einmal umgestiegen werden.
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Delta und Continental fliegen seit Anfang des Jahres direkt von Berlin nach New York beziehungsweise New Jersey. |
Am Check-In ist trotz der Tatsache, daß wir über zwei Stunden vor Abflug da sind, schon die Hölle los. Also heißt es mal wieder Schlange stehen. Wie wir da so stehen, erfaßt uns eine Mitarbeiterin von Delta Airlines und ich weiß nicht, ob wir gefährlich aussehen, aber wir werden erstmal zur Taschenkontrolle ... naja ... "gebeten". Unter dem extrem genervten Blick meiner Mutter fängt sie dann an, in unsere Koffer zu schauen und die so liebevoll zusammengelegten Sachen zu knautschen. Mir ist das egal, meine Klamotten sind eh zerknittert. Als Belohnung dürfen wir dann direkt zu einem Check-In-Schalter gehen. Mir war ein bißchen unheimlich, daß ich nur elektronische Tickets bekommen habe, aber das ist alles kein Problem und so sitzen wir nach ein wenig Wartezeit und mit einer halben Stunde Verspätung im Flugzeug mit Kurs auf New York.
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Unsere Boeing 767-300ER. Das ER steht bestimmt für Extended Range. Für so eine lange Strecke eigentlich ein recht kleines Flugzeug. |
Bei der Ticketbestellung im Internet konnte man sich schon aussuchen, wo man sitzen möchte und so sitzt meine Mutter am Fenster, ich daneben und mein Vater auf der anderen Seite des Gangs ein wenig weg von uns. Das ist auch ganz gut so, denn Urlaub heißt bei ihm immer anderen Leuten Streß machen. Aber ich mag ihn trotzdem.
Der Flug ist reichlich unspektakulär. Es geht in Richtung Schottland über Edinburgh und dann südlich von Island entlang über Nova Scotia nach New York. Beim Essen hat man wieder die Auswahl zwischen "Chicken or Pasta", wobei ich mich für das Erste entscheide. Es ist gar nicht so schlecht und so würde ich Delta Airlines irgendwo zwischen dem Spitzenreiter Air Canada und dem nun Drittplatzierten KLM einordnen. Mein Bruder hatte meine Eltern schon vorgewarnt, daß sie sich selber Kaffee mitbringen sollen, wenn sie welchen trinken wollen, da der amerikanische irgendwo in der Nähe von Spülwasser rangiert. Da ich ja keinen Kaffee trinke, kann ich das gar nicht so recht glauben, aber als ich den Flugzeugkaffee sehe, bin ich überzeugt. Man kann durch die halbe Tasse durchkucken, da ist selbst meine Cola dunkler.
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Man kann auch dicht nebeneinander herfliegen. Wir sind aber schneller, ätsch! |
Wir fliegen mittlerweile über die Ostküstenstaaten. Unten kann man auf einmal eine große Stadt sehen und auf der Karte im Flugzeug sieht man, daß wir genau über Boston, Massachusetts sind.
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Boston. |
Irgendwann erreichen wir dann aber doch New York. Wir haben immer noch eine halbe Stunde Verspätung, aber mit über zwei Stunden Luft, machen wir uns keine Gedanken wegen dem Anschlußflug. Bis wir dann auf dem Weg zur Einreise plötzlich mitten in einem stickigen, engen Gang zusammen mit hunderten anderen Passagieren zum Stehen gebracht werden. Eine völlig überforderte Angestellte erklärt den Anwesenden, daß die Einwanderungsbeamten Probleme mit ihren Computern haben und es deswegen nur langsam vorangeht. Also stehen wir da. Und stehen und stehen und stehen. Es ist mittlerweile richtig warm und irgendwie rechnet man jeden Moment damit, daß einer umkippt. Amerikaner werden natürlich bevorzugt behandelt und so rumort es langsam unter den internationalen Passagieren, als zum vierten Mal nur Amerikaner durchgelassen werden. Ein, ich vermute mal Deutscher, streitet sich lautstark mit einer US-Bürgerin und man hat das Gefühl, gleich setzt es Schläge. Auch werden Sprüche laut von wegen "Von mir aus lassen wir sie bei der Einreise nach Europa auch warten, bis sie schwarz werden!" oder "Ist das hier bevorzugte Behandlung für die Weltherrscher?"
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Für dieses Foto muß ich mir von einem US-Amerikaner sagen lassen "I think they don't want you to take pictures here." (Ich glaube, sie wollen nicht, daß Sie hier fotografieren.) Da ich aber wegen dem Warten ein bißchen genervt und auch sauer auf die Amis bin, kriegt er ein "I don't care!" ("Mir doch Wurscht", um es mal frei zu übersetzen) von mir zurück. |
Ich denke mir, jeden Moment wird hier gestürmt, da kommen wir auf einmal doch durch. Das war es aber noch nicht, denn nun sind wir erst mal in der Haupthalle mit den Einwanderungsbeamten. Da stehen wir noch mal eine halbe Stunde und die Leute sind da völlig überfordert. Es gibt solche Absperrungen, die man nach Belieben auf und zu machen kann, aber auf einmal stehen irgendwo Leute, wo gar keine sein dürften. Mein Vater quetscht und drängelt sich ein wenig nach vorne. Auf einmal macht eine Mitarbeiterin die Absperrung wieder zu und wir sind getrennt. Also klettern meine Mutter und ich einfach drüber, wobei mich genau die Mitarbeiterin anspricht und meint, ich könne da nicht einfach drübersteigen. Ich versuche ihr zu erklären, wie das war, aber letztlich hilft dann doch wieder nur der altbekannte Satz "I don't care!", möglichst genervt ausgesprochen. Sie trottet von dannen und wir kommen endlich zur Einreise. Die Beamtin ist überkorrekt und so schickt sie mich, dem schon mal ein Visum verweigert wurde, noch in das Extra-Büro. Da heißt es wieder ein wenig warten und dem Beamten klar machen, warum, weshalb und wieso. Dem ist das mit dem Visum völlig schnuppe, er streicht letztlich meine Angaben einfach mit einem Kugelschreiber durch und ich kann einreisen. Mittlerweile ist unser Anschlußflug weg und so lassen wir uns umbuchen auf einen, der sage und schreibe fünf Stunden später fliegt. Wir sind dann um kurz nach Mitternacht Ortszeit in St. Louis, das ist 7:00 Uhr früh Mitteleuropäische Sommerzeit. Das heißt, wir sind dann fast 24 Stunden wach. Nach dem Umbuchen stellt meine Mutter fest, daß sie vor lauter Genervtheit ihre Jacke in dem Einreisebüro vergessen hat. Dieses liegt aber vor der Zollkontrolle und die haben wir schon passiert. Also muß ich einen Delta-Menschen bitten, doch für uns mal nachzukucken, ob sie noch da ist. Und tatsächlich, er findet sie und meine Mutter ist wenigstens ein bißchen weniger gereizt.
Nun heißt es aber erstmal warten. Der Flughafen von New York ist total unspektakulär und teilweise schon ziemlich ranzig. Zumindest das Terminal E, wo Delta Airlines haust. Man merkt, die stehen kurz vor dem Bankrott.
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Meine Mutter macht ein Nickerchen. Ich verkneife mir das, obwohl ich müde bin, denn das kann nicht gut sein für die Zeitumstellung. |
Ich vertreibe mir die Zeit ein wenig damit, daß ich bei Burger King was schnabuliere und mich bei Delta Airlines beschwere, daß wir hier nun fünf Stunden warten müssen. Wäre der Flug aus Berlin pünktlich gewesen, hätten wir das nämlich noch geschafft. Zuerst will man mich mit einem Essensgutschein abspeisen, aber das ist mir zu blöd und so bringe ich den Vorschlag ein, daß man ja ein paar Bonusmeilen gutschreiben könnte. Dies wird dankbar aufgenommen, nur ist der Computer zu doof oder so, jedenfalls kann das nicht so richtig eingegeben werden. Ich soll einfach mal nachschauen, ob welche angekommen sind und wenn nicht, nochmal reklamieren.
Um 22:29 New Yorker-Zeit geht es dann weiter nach St. Louis. Dort muß die Uhr nochmal gedreht werden, das heißt der Flug geht 2,5 Stunden, aber wir sind um kurz nach Mitternacht am Ziel. Im Flugzeug machen wir dann doch alle ein kleines Nickerchen und so vergeht die Zeit wenigstens schnell.
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Ankunft in St. Louis. Der Flughafen ist wie ausgestorben und es stehen lauter geparkte Flugzeuge herum. |
Meinem Bruder hatten wir in New York Bescheid gesagt und so klappt wenigstens das Abholen perfekt. Nach der Autofahrt zu ihm und Amy nach Hause, sind wir dann um kurz vor 1:00 Uhr nachts am Ziel. Genau 24 Stunden vorher bin aufgestanden.
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Da fallen einem doch glatt die Augen zu. |