Die Schwalbe vom Eriesee.

Tag 12 - 12.02.2005
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Frühmorgens werde ich von der Sonne geweckt, die es irgendwie schafft, durch den Vorhang vor meinem Fenster zu kommen. Draußen ist wieder strahlender Sonnenschein und die ganze Umgebung vom Motel sieht viel freundlicher aus, als ich am Vorabend noch dachte.

Ich hab aber auch ein Glück mit dem Wetter, sogar der Schnee ist fast weg.

Ich laß mir viel Zeit mit dem Aufstehen und mache mich dann langsam auf die zweite Etappe auf meiner Fahrt nach Kanada. Nächstes Zwischenziel ist Cleveland, Ohio. Die Fahrt bis dahin ist reichlich unspektakulär, halt eine ganz normale Autobahnfahrt.

Eben noch auf dem Hinweisschild...

...jetzt schon direkt voraus: Cleveland rocks!

Cleveland sieht nach einer ziemlichen Industriestadt aus, überall gibt es Fabriken, die mehr oder weniger sauber aussehende Abgase ablassen. Da ich ja genug Zeit habe, fahre ich in einem Vorort (von meiner Fahrtrichtung aus gesehen eher ein Nachort) mal ab und versuche an das Ufer des Eriesees zu gelangen. Den muß ich ja mal gesehen haben, denn da gibt es ja noch so ein einschneidendes Erlebnis aus meiner Jugend. In der dritten oder vierten Klasse mussten wir mal dieses Gedicht mit dem Schiff, das auf dem Eriesee fährt, auswendig lernen. Hab gerade nochmal gekuckt, es heißt "John Maynard". Vielleicht erinnert sich ja jemand, es beginnt mit "Die 'Schwalbe' fliegt über den Eriesee...". Jedenfalls hätte ich damals zu Vorwendezeiten nie gedacht, daß ich dann tatsächlich mal hier bin.

Der zugefrorene Eriesee. Das rote Schild mit der Aufschrift "No Swimming" hätten sie sich ja nun auch sparen können.

Nix zu sehen außer Eis, so weit das Auge blicken kann.

Irgendwie erwische ich auch genau die richtige und eine der wenigen Stellen, wo man direkt an den See kann. Das restliche Ufer ist von raffgierigen Grundstückshaien schon an Menschen verscherbelt worden, die unbedingt Seeblick haben wollten. Nachdem ich nun noch ein bißchen durch die Suburbs gefahren bin, geht es zurück zur Interstate und ab Richtung Buffalo, New York. Aber bevor ich den Bundesstaat New York erreiche, gibt es noch eine andere Grenze, nämlich die zu Pennsylvania.

So langsam werde ich hier noch zum Grenzgänger.

Pennsylvania, beziehungsweise das, was ich davon entlang der Interstate so sehe, sieht aus wie Mecklenburg-Vorpommern: Relativ flaches Land mit lauter Dünen. Oder was ich dafür halte, ich hab es ja nicht ganz so mit Natur. Es ist mittlerweile Mittagszeit und da ich neue Karten auf mein GPS packen muß und mein Benzinvorrat sich dem Ende zuneigt, mache ich einen kurzen Zwischenstop in Erie, Pennsylvania. Gleich an der Abfahrt von der Interstate ist eine große Shoppingmall und da heute Samstag ist, ist es mächtig voll. Überall fahren Autos und bringen Menschenmassen in die Geschäfte. Da belasse ich es bei dem nötigsten und mache mich gleich wieder auf den Weg. Es dauert nicht allzu lange und ich passiere die Grenze zum Bundesstaat New York.

Nicht die letzte Grenze für heute...

Normalerweise denkt man bei New York immer nur an New York City. Aber der Bundesstaat ist viel größer, größer sogar, als ich gedacht habe. Am Straßenrand steht nämlich ein Schild mit Entfernungsangaben, aber da könnt ihr ja selber mal schauen.

Alles mal 1,6 nehmen und ihr habt die Entfernung in Kilometern. Ganz schön groß, oder?

Daß die New Yorker einigermaßen geschäftstüchtig sind, merkt man gleich daran, daß man nun dauernd Maut für die Interstate bezahlen muß. Erst 2,10 Dollar für ein längeres Stück und dann zweimal 50 Cent für zwei Brücken. Na und zu guter letzt auch noch für die Brücke von den USA nach Kanada in Niagara Falls. Aber dazu gleich.

Wenigstens eine gute Möglichkeit, das blöde Kleingeld loszuwerden.

Die Sonne geht in Buffalo auch schon unter und beschert mir diesen Anblick.

Von Buffalo geht es nun nach Norden zu den Niagarafällen. Das gemeine ist, daß es in Niagara Falls, der Stadt an den Fällen, zwei Hard Rock Cafes gibt, eins auf US-amerikanischer und eins auf kanadischer Seite, wobei beide auch noch unterschiedliche T-Shirts haben. Da ich mit Julia ja eh nochmal auf die kanadische Seite will, belasse ich es heute beim Besuch des US-amerikanischen. Ich parke für 10 Dollar (!) direkt an den Wasserfällen, hole mir ein T-Shirt und wo ich schon mal da bin, kuck ich mir die tosenden Wassermassen auch mal kurz an. Es st zwar schon ein wenig dunkler draußen und so richtig sieht man die Fälle eh nur von kanadischer Seite, aber was solls.

Kurz vor den Fällen rauscht es schon mächtig.

Und hier geht es dann mit Getöse den Bach runter. Die andere Seite, inklusive der Gebäude, gehört schon zu Kanada.

Es ist ganz schön kalt und ich als Autotourist hab mir natürlich nur kurz eine Jacke übergeworfen. Also mach ich schnell ein paar Fotos und verziehe mich dann in mein schönes warmes Auto, um die restlichen paar Kilometer bis zu Sebastian in Hamilton, Ontario zurückzulegen. Für die Brücke über den Fluß unterhalb der Fälle muß man mal wieder Maut bezahlen, satte 2,50 Dollar (US). Dahinter kommt dann gleich die Paßkontrolle. Es gibt wieder die üblichen Fragen, was ich in Kanada mache, ob ich schon mal da war und ob ich irgendwelchen Alkohol oder Drogen dabei habe. Hab ich doch nicht nötig...

Die Straße, der QEW (Queen Elizabeth Way), führt von Niagara Falls am Ontariosee vorbei. Leider kann man nicht mehr soviel sehen, da es schon dunkel ist. Auf jeden Fall ist das schon eine ganz schöne Umgewöhnung, jetzt wieder nach Kilometern pro Stunde zu fahren. Mein Tacho hat dafür zwar auch eine Skala, aber die ist im Gegensatz zur Meileneinteilung ziemlich klein und man muß genau hinkucken. Wenigstens können die Kanadier einigermaßen Autofahren, im Gegensatz zu den US-Amerikanern. Die heizen nämlich die Straße ganz schön lang, statt der erlaubten 100 km/h fahren sie 120 oder 130. Ich hab ja Zeit und halte mich wie immer an die Vorschriften.

Nach circa einer Stunde Fahrt erreiche ich dann Hamilton und die Wohngegend, wo der Yeti... ähhh, Sebastian haust. Mein GPS zeigt mir natürlich exakt die Position an und so habe ich keine Probleme, alles zu finden.

Es gibt ihn doch! Mittlerweile ohne Bart, dafür mit Spülmittel.

Und so haust der Bengel. Rechts hinter dem Sessel versteckt steht übrigens ein Pappkarton mit Bier.

Da Sebastian noch ein bißchen arbeiten muß, oder eher rumsitzen, bis die Nachtschwester kommt, zeigen wir uns gegenseitig unsere Fotosammlungen. Eigentlich bin ich ja nach der Autofahrt ein bißchen müde, aber Sebastian ist ja wie immer so überzeugend und so fahren wir gegen 0:00 Uhr nochmal los zu einer kurzen Mitternachtssightseeingtour. Schwer zu lesen, oder? :-)

Hamilton ist gar nicht so schlecht, wie ich dachte. Man muß nur wissen, wo man hin muß, aber das ist wahrscheinlich überall so. Zwischendrin holen wir uns noch kurz etwas bei McDonald's und verspeisen das auf dem Parkplatz von Tim Hortons. Das ist so eine Kette, wo man Kaffee trinken und Dougnuts und ähnliche Sachen verspeisen kann. Eine kanadische Institution und das merkt man schon daran, daß man etwa alle 500 Meter so einen Laden sieht. Ungelogen!

Der dreckige Van auf der rechten Seite gehört zu L'Arche, dem Verein, wo Sebastian arbeitet. Am besten innen drin nichts anfassen, da geht dann zum Beispiel die Scheibe nicht wieder nach oben oder die Sitzlehne läßt sich nicht mehr hochklappen.

Mmh, McDonald's-Futter auf dem Parkplatz von Tim Hortons. Aber daß die selbst Chicken McNuggets ins Französische übersetzen müssen...

Der Eingang zu Downtown Hamilton. Aber das habt ihr euch wahrscheinlich schon gedacht. Dafür, daß es nachts um 1:00 Uhr ist, ist noch ganz schön viel los.

Irgendwann so gegen 3:00 Uhr kommen wir dann aber doch endlich mal ins Bett. Bleibt zu hoffen, daß der eine Bewohner hier im Haus morgen nicht in aller Frühe wieder anfängt, etwas lautere Geräusche von sich zu geben. Der wohnt nämlich genau über meinem Zimmer, daß ich (mal wieder) im Keller bezogen habe.
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