Kanada - Ein Wintermärchen.

Tag 19 - 19.02.2005
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Das Motel, in dem wir die Nacht verbracht haben, ist wirklich ziemlich runtergekommen. Das sieht man am Morgen bei Tageslicht noch viel besser. Dafür ist das das erste Motel mit zwei Zimmern, ein rosafarbenes für die Dame und ein blaues für den Herrn.

Das Herrenzimmer, natürlich mit Fernseher, ...

...und das Damenzimmer mit einem kunstvollen Bild an der Wand und einem rosa Plüschstuhl.

Unser Weg führt uns nun weiter in Richtung Norden zum Algonquin Provincial Park. Es ist noch ein ganzes Stück und das Wetter wechselt andauernd. Mal hat man Sonne und mal einen Schneesturm. Kalt ist es trotzdem die ganze Zeit und der Schnee knirscht mächtig unter den Reifen. Zum Glück sind die Kanadier den Winter aber gewohnt und so sind die Strassen fast durchweg in einem einwandfrei geräumten Zustand. Es wird aber auch nicht mit dem Salz gespart und so sieht das Auto aus wie gepökelt.

Manchmal sieht es so aus. In diesen komischen aussehenden Anhängern transportieren die Kanadier übrigens ihre Schneemobile.

Am Straßenrand stehen ab und zu blaue Hinweisschilder, die auf Sehenswürdigkeiten hinweisen. Meistens sind das Golfplätze oder Weinanbaugebiete (fragt mich nicht...). Wir kommen allerdings auch an einem für ein Schokoladenhaus vorbei. Da muß Julia nun natürlich unbedingt hin und wer kann ihr schon einen Wunsch abschlagen.

Innen drin bedient eine extrem nette ältere Dame, die uns gleich mal auf die Spezialitäten des Hauses hinweist. Es ist übrigens alles "great" oder "very nice". Selbst als sie mich fragt, ob ich Julias "gentleman friend" bin (ein Ausdruck, den ich auch noch nie gehört habe) und ich daraufhin antworte "We are just friends." ist das "Great!". Naja, das kann man auch anders sehen, aber darüber will ich mich hier mal lieber nicht auslassen. :-)

Das Schokohaus von innen. Es gab übrigens merkwürdigerweise auch Modelleisenbahnen von Piko und LGB, beide Firmen sind aus Deutschland.

Nachdem wir uns noch in das internationale Gästebuch eingetragen haben, geht es aber weiter zum Park. Zwischendurch gibt es den üblichen Zwischenstop bei Tim Hortons, wo ich herausfinde, das es auch "Poppy Seed Bagel", also mit Mohnkörnern bestreute Bagel, gibt. Muß ich auch noch mal probieren.

Die Backwarentheke von Tim Hortons.

Kurz bevor wir den Algonquin Provincial Park erreichen, haben wir schon die erste Begegnung mit der Tierwelt Kanadas. Vor mir springt plötzlich ein Hirsch auf die Straße und ich trete schon ganz ordentlich in die Klötzer. Knapp wird es allerdings erst, als nach dem ersten noch ein zweiter auf die Idee kommt, die Straße zu überqueren. Aber er schafft es gerade noch so, zwischen mir und dem uns entgegenkommenden Auto, auf die andere Seite zu gelangen. Das gibt vielleicht Adrenalin, vor allem, wo dieser komische Chevrolet nicht mal ABS hat.

Der Park ist ist ziemlich groß, aber man kann nur einen relativ kleinen Teil auf der Straße erkunden. Für den ganzen Rest muß man ein Kanu nehmen, was im Winter natürlich ein bißchen schwierig ist.

Der Eingang zum Park.

60 Kilometer ist genau die Strecke, die die Straße durch den Park führt.

Da wir ja ein bißchen durch den Schnee stapfen wollen, halten wir im Park mal an einem von den ausgeschilderten Wanderrouten. Dummerweise sehen wir erst jetzt, daß man am Eingang eine Parkerlaubnis (also um das Auto abzustellen) hätte erwerben müssen. Also geht es nochmal 15 Kilometer zurück und wir holen uns eine. Dann geht es aber los. Wir stellen unser Auto ab, machen uns winterfest und stapfen einen 2,1 Kilometer langen Pfad zu den Whiskey Rapids. Rapids sind übrigens Stromschnellen. Es ist ganz ruhig, nur der Wind pfeift ein wenig durch die Bäume und ab und zu kuckt die Sonne raus.

Den längsten Teil der Strecke geht es am Fluß entlang.

Was manche Leute für ein Foto so machen...

Im Hintergrund sieht man mehr oder weniger die Stromschnellen, das eigentliche Highlight des Rundkurses. Nach den Niagarafällen gestern sind die aber nicht mehr ganz so spektakulär.

Der Schnee ist übrigens ganz flauschig. Man muß ihn schon ordentlich zusammendrücken, wenn man einen Schneeball drauß machen will. Wenn man das dann geschafft hat und den Ball in den Neuschnee fallen läßt, dann versinkt er so tief, daß man ihn kaum noch sieht. Also leider nix für eine ordentliche Schneeballschlacht.

Nach den 2,1 Kilometern bin ich aber froh, als ich wieder im warmen Auto sitze, obwohl es eigentlich nicht ganz so kalt war, wie ich gedacht habe. Wir fahren weiter entlang der Straße durch den Park und halten noch einmal am Besucherzentrum. Dort gibt es eine Aussichtsplattform, ein Restaurant und einen Souvenirladen. Ich kaufe mir diesmal kein T-Shirt, aber dafür ein Plakat, wo eine alte Werbung für den Park drauf ist. Den gibt es nämlich schon seit über 100 Jahren.

Auf der Aussichtsplattform. Es schien zur Abwechslung mal wieder die Sonne.

So richtig einen Plan, wo wir nun hinfahren, haben wir nicht und so fahre ich einfach immer geradeaus. Ottawa ist zwar gar nicht mehr so weit weg, aber da hätten wir nur morgen den vormittag, also beschließen wir, schon nach Süden und damit in Richtung Toronto zu fahren. Was die Navigation angeht, da verlaß ich mich lieber auf die Karte vom amerikanischen Autoverein, die ich vom ADAC habe, als auf mein GPS-Gerät. Das will nämlich als schnellste Route auf irgendwelchen Nebenstraßen fahren und wenn ich mir anschaue, wie einsam schon die große ist, dann laß ich das lieber.

Berg hoch und Berg runter.

An der 41, die wir mittlerweile fahren, gibt es irgendwie gar nichts. Keine größeren Siedlungen oder gar Städte und damit auch keine Motels. Langsam bin ich ein wenig müde und auch Julia macht auf dem Beifahrersitz ein Nickerchen. Ist ja mittlerweile auch schon dunkel. Ein bißchen gruselig ist die Strecke schon, vor allem wenn man bedenkt, was bei einer Panne wäre. Das Gute ist, daß man zur Not auch bis Toronto durchfahren könnte. Dort würden wir dann, wenn alles gut geht, gegen 23:00 Uhr ankommen. So gegen 20:30 Uhr fahren wir dann aber doch mal an einem Motel vorbei. Dieses wird von einer Familie aus Sri Lanka betrieben, die wahnsinnig freundlich ist. Eigentlich hat das Restaurant schon zu, aber extra für uns wird noch etwas gezaubert, ein Thunfischsandwich für Julia und für mich Huhn und Kartoffeln aus der Fritteuse. Das Zimmer ist, vor allem im Vergleich zu gestern, auch sehr komfortabel und sauber und so kann ich frischgeduscht in mein bequemes Bett hüpfen. Wobei Julia mit dem Schlafen wieder mal schneller ist. Ich weiß ja auch nicht, was mit der Jugend von heute los ist...
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