Geschmacksverwirrungen

Tag 6 - 06.09.2005
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Da mein Bruder ja fünf Nächte am Stück arbeiten muß, wollen wir ihm heute ein wenig Ruhe gönnen und mal selbständig was unternehmen. Daniel tut ihm leider nicht so ganz den Gefallen und so muß er doch nach wenigen Stunden Schlaf aufstehen und den Kleinen versorgen.

Der Wurm kann schon richtig lange den Kopf oben behalten.

Damit mein Bruder aber doch noch ein wenig Schlaf bekommt, schnappe ich mir mit meinen Eltern den Suburban und wir machen die Anheuser-Busch-Brauereitour. Meine Eltern sind ja passionierte Biertrinker und da wollen sie sich den Spülwassergeschmack natürlich nicht entgehen lassen.

Daniel sagt Auf Wiedersehen.

Es ist das erste Mal, daß ich den Suburban fahre und wo ich doch stolzer Besitzer eines LKW-Führerscheines bin, ist es ganz schön, mal wieder so ein großes Gefährt zu steuern. Kommt man ja doch nicht allzu oft zu. Diesmal ist die Brauerei auch recht einfach zu finden, ich weiß gar nicht, warum wir da im Februar so wild umhergefahren sind.

Da freuen sich meine alten Herrschaften. Die Tour ist nämlich kostenlos und es gibt Freibier!

Als wir ankommen hat gerade eine Führung begonnen und so gesellen wir uns gleich dazu. Es sind im Vergleich zum Februar Unmengen an Leuten dabei, bestimmt drei- oder viermal so viel. Auch ist die Geschwindigkeit mit der man durchgeschleust wird ungleich höher. Viel neues gibt es für mich ja nun nicht zu sehen, deswegen würde ich diejenigen, die es wirklich interessiert einfach mal auf meinen Bericht vom Februar verweisen.

Wo sonst alles aus China kommt, ist man wenigstens stolz darauf, daß Anheuser-Busch eine richtig amerikanische Firma ist.

Die Verpackungsabteilung ist diesmal ganz geschlossen, aber das macht eigentlich nicht soviel, im Februar hat man da nämlich auch so gut wie gar nichts gesehen. Nach einer guten dreiviertel Stunde haben wir das Gelaber hinter uns und die Tourführerin fragt, ob sich noch jemand daran erinnert, was am Schluß der Tour passieren sollte. Die ganzen bierabhängigen Menschen rufen natürlich gleich "Free beer!" und freuen sich wie Schneekönige. Ich hole mir gleich mal eine Cola. Mein Vater nimmt ein "Bud Select" und meine Mutter ein normales "Budweiser". Das normale "Budweiser" ist wohl einfach nur gewöhnungsbedürftig. Kein Wunder, da sind ja auch Reis und Buchenholzspäne mit drin. Beim "Bud Select" hingegen verzieht meine Mutter ganz schön das Gesicht, probiert aber doch mehrmals, ob man das nicht doch eventuell runter bekommt. Bei der zweiten Runde wollen meine Eltern dann mal was dunkles ausprobieren und nehmen beide ein "Bare Knuckle Stout". Das war allerdings ein Fehler, denn nun müssen sie beide das selbe trinken und dieses Gesöff, das irgendwie aussieht wie Kaffee, ist wohl unerträglich.

Sieht irgendwie aus wie Milchkaffee und man kann auch mehrere Schichten erkennen.

Ein wahrer Hochgenuß. Das ganze Zeug, das Anheuser-Busch verkauft, dürfte wegen dem Deutschen Reinheitsgebot bei uns nicht mal als Bier verkauft werden.

Unsere Tourführerin sucht nun drei Personen über 21 Jahren, die noch mehr Bier trinken wollen. Sie will mit einer Demonstration zeigen, daß die Frische des Bieres ganz entscheidend ist. Es melden sich ein Pärchen aus Vancouver, Kanada (yeah!) und ein Mann aus Illinois. Als erstes sollen sie sich vorstellen und sagen, welches ihr Lieblingsbier von Anheuser-Busch ist. Der Mann aus Vancouver trinkt am liebsten das "Bud Select", das meine Mutter so scheußlich fand. Es werden ihnen nun drei kleine Becher mit einem "Budweiser" gereicht, das gerade erst gebraut wurde und sie sollen sagen, wie es schmeckt. Es ist natürlich hervorragend. Als nächstes gibt es noch drei kleine Becher und wieder sollen sie es beurteilen. Der Illinois-Mann und die Frau aus Vancouver finden es wohl nicht so toll, aber der "Bud Select"-Liebhaber findet es klasse. Da muß selbst die Tourführerin lachen, denn es handelt sich diesmal um Bier, welches zwei Wochen bei Temperaturen um die 100 Grad Fahrenheit (37 Grad Celsius) rumgestanden hat. Also so richtig schales Zeug. Das beweist, daß man keinerlei Geschmack haben darf, um "Budweiser" so richtig genießen zu können.

Nach der Tour kucken wir uns noch ein bißchen im Souvenirladen um und fahren dann wieder heim. Da meine Mutter heute mal was kochen möchte, beziehungsweise auf Wunsch meines Bruder psychologisch dazu gezwungen wurde, geht es allerdings vorher noch zu Schnucks. Dort kaufen wir ein Huhn und Nudeln, denn es soll Hühnersuppe mit Nudeln geben. So etwas wie Suppengrün gibt es im Land der Fertigmahlzeiten natürlich nicht und so müssen wir das an der nicht allzu großen Gemüsetheke mühsam zusammensuchen.

Riesige Zwiebeln, aber kein Suppengrün.

Nach einer halben Stunde haben wir dann einigermaßen zusammen, was für die Suppe benötigt wird und es geht ans Bezahlen. Die Kassiererin ist ein wenig überfordert, denn Menschen die eine einzige Selleriewurzel oder eine Porreestange kaufen, gibt es im Land des Fast Foods wohl nicht. Sie weiß gar nicht, was der Porree ist und fragt uns. Dummerweise ist mein Englisch zwar an sich ganz gut, aber beim Essen wird es immer ein wenig schwierig. Irgendwann fällt es ihr aber doch ein und als sie es in die Kasse tippt, erinnere ich mich auch wieder: Leek. Amy hatte in Berlin schon mal danach gefragt. Die nächste Herausforderung ist die Kasse, denn mein Vater würde gerne mit Kreditkarte bezahlen. Der Trick besteht dann darin, die Karte falsch herum durch das Lesegerät zu ziehen.

Zurück zu Hause wird erstmal Daniel gebadet, denn mein Bruder ist mittlerweile auch aufgestanden.

Man beachte auch bitte meinen Vater, der im Hintergrund heimlich die guten "Chips Ahoy"-Kekse wegfuttert. Kenner werden wissen, wie leicht man da in Versuchung gerät. (Hi David, ich bring Dir welche mit, versprochen!)

Zu Futtern gibt es für den Zwerg auch noch was. Er kommt übrigens ganz nach Jörg, nach dem Essen geht es ihm immer Klasse.

Kurz vor 16 Uhr kommen wie immer die Kinder aus der Schule. Bella hat sich beim Seilspringen ein wenig verletzt und war deswegen bei der Schulkrankenschwester. Für die Eltern gibt es von der gleich einen Zettel, was so passiert ist.

Hier in den USA haben sogar die Krankenschwestern eine absolut unleserliche Klaue, nicht nur die Ärzte.

Nick hat am Abend noch sein Fußballtraining und da das meinen Vater und mich mal interessiert, fahren wir ihn mit meinem Bruder zusammen hin. Meine Mutter macht derweil das Essen.

Das Fußballtraining findet beim YMCA, der Young Men's Christian Association, statt. Und nein, hier kommt jetzt keine Anspielung auf die Village People... Das erste YMCA kommt übrigens aus Quebec, das erklärt vielleicht auch einiges.

Während die Kinder trainieren, sitzen wir in den gemütlichen Campingstühlen am Spielfeldrand und kucken zu.

So direkt am Spielfeld sitzt man gefährlich, vor allem, wenn man halbleere Coladosen in den Campingstuhlgetränkehaltern abgestellt hat und ein Ball geflogen kommt. Meine kurze Hose kann ich bis zum nächsten Waschgang wohl nicht mehr anziehen.

Da Amy zum Billiardspielen gegangen ist, essen wir die Suppe alleine mit Nick und Bella. Sie schmeckt den Kindern ganz gut, uns Ex- und Volleuropäern ja sowieso. Geht halt nix über Mamas Originalrezepte. Ansonsten verläuft der Abend ganz ruhig und wir schalten diesmal zum Schlafen gehen die Klimaanlage aus.
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