Das Wandern ist des Deutschen Lust

Tag 8 - 08.09.2005
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Heute abend soll gegrillt werden und da möchte meine Mutter schon wieder Amys Küche durcheinander bringen und einen Kartoffelsalat machen. Immer so ein Aufwand. Na jedenfalls sind die Gewürzgurken, die im Kühlschrank stehen wohl ganz merkwürdig süß und überhaupt nicht salatgeeignet. Das kommt dann gleich mal auf die Schnucks-Einkaufsliste.

Da wir ja gestern nur ganz kurz in der Innenstadt waren, fahre ich mit meinen Eltern noch einmal hin. Mein Bruder legt sich schlafen, denn er war ja in der Nacht wieder arbeiten. Wir parken das Auto im Parkhaus am Gateway Arch und gehen als erstes mal hinunter an den Mississippi.

Der Mississippi. Auf der anderen Seite liegt der Bundesstaat Illinois.

Wirklich sauber ist der Fluß nicht gerade, aber das verwundert auch nicht.

Als nächstes gehen wir in den Arch-Souvenirladen. Ich kaufe mir neben ein paar Magneten für den Kühlschrank (auch so eine amerikanische Tradition) auch ein riesiges St. Louis-Poster. Diejenigen unter Euch, die meine Wohnung kennen, wissen ja, wieviele weiße Wände ich noch habe.

Wie ich ja bereits mehrfach erwähnt habe, sind meine Eltern immer noch nicht richtig an die amerikanischen Gegebenheiten angepaßt. Sie kochen selber, trinken Mineralwasser und kommen nun noch auf die Idee, ein wenig durch die Innenstadt hin zur Union Station zu laufen. Das spart 7 Dollar Parkgebühren. Allerdings habe ich ihnen schon vorher gesagt, daß amerikanische Großstädte nichts wirklich besonderes sind und daß hier auch niemand zu Fuß läuft. Aber vielleicht müssen sie ihre Erfahrungen selber machen und so machen wir uns auf den Weg. Da wir am alten Gerichtsgebäude, dem Old Courthouse, vorbeikommen, schauen wir da natürlich auch einmal rein.

Das Old Courthouse und die wandernden Touristen.

Die Kuppel von innen und unten.

Innen gibt es eine ganze Menge zu sehen, man kann in fast alle Räume einfach so reingehen und es hängen auch überall Erläuterungen und Hinweistafeln. Das Gerichtsgebäude stammt aus der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg, wo die Sklaverei noch erlaubt war und so wird besonders viel Wert auf die Geschichte von Dred Scott, einem Sklaven, der auf seine Freiheit geklagt hat gelegt. Wen die Geschichte interessiert, hier ein (englischer) Link zu Wikipedia.

Nach dem Besuch des Gerichtsgebäudes geht es nun aber weiter zur Union Station. Meine Eltern haben die Entfernung ziemlich unterschätzt und so stiefeln wir bei enormer Hitze durch die Stadt. Viel zu sehen gibt es nicht, außer lauter Gerichten, hohen Glasfassaden, der Hauptpost und einem Opernhaus. Nach einer Weile hab ich die Nase voll und latsche einfach nur noch hinterher.

Bei der Hauptpost gibt es sogar ein Auto der Postpolizei. Wofür die nun wieder da ist?

In der Union Station schauen wir uns ein wenig um, machen uns dann aber wieder auf den Rückweg. Dieser besteht ja dann doch aus einer halben Stunde laufen.

Pierre Laclede, der Gründer von St. Louis. Wie man am Namen schon erkennt, war die Stadt ja mal französisch und kam erst durch den Louisiana Purchase zu den USA.

Jaja, ich geb es ja zu, ich bin Arch-Foto-süchtig.

Zurück beim Auto fahren wir als nächstes zu Schnucks, um noch Sachen für das Grillen heute abend zu erwerben. Damit es diesmal richtige Gewürzgurken sind, nimmt meine Mutter welche aus der deutschen Ecke. Sie kommen aus Polen. Die guten Chips Ahoy-Kekse sind gerade um 50 Prozent im Preis gesenkt, also nehmen wir da auch mal noch welche mit. Es gibt einmal die normale Sorte und dann die Extra Chunky mit besonders viel Schokolade. Von denen hat ein Keks satte 80 Kalorien. Da wir die Mahjohnäese (oder wie auch immer das heutzutage geschrieben wird) nicht finden können, muß ich einen Mitarbeiter fragen. Der ahnt wohl, daß ich etwas von ihm will, denn er rennt dauernd vor mir weg. Irgendwann erwische ich ihn aber doch und er versteht sogar, was ich von ihm möchte. Das englische Wort für Mayonnaise wird nämlich total anders ausgesprochen, als das deutsche. Mein Bruder hat da schon einige Erfahrung mit.

Zurück zu Hause wird der Grill angeworfen. Dabei handelt es sich natürlich nicht um so ein stinknormales Holzkohlenteil, sondern hier in Amerika wird mit Gas gegrillt. Das ist aber auch notwendig, denn die dicken Bratwürste, die überhaupt nicht so aussehen, wie ich mir Bratwürste vorstelle, brauchen eine ganze Weile um durch zu sein. Bratwurst heißt hier übrigens auch Bratwurst, abgekürzt Brats. Die bosnischen Nachbarn, die völlig unamerikanisch Gemüse in ihrem Garten angepflanzt haben, bescheren meiner Mutter noch ein wahres Fest an frischen Tomaten und Paprika.

Hier brutzelt der Hausherr.

Nach dem ausgiebigen Mal, räumen wir noch die Gartenmöbel beiseite, denn morgen sollen schon die Bauarbeiten zur Erweiterung des Hauses beginnen. Dann bekommt Amy endlich ein richtiges Büro und muß nicht immer in Bellas Zimmer arbeiten. Nachdem das getan ist, setze ich mich in den Keller und schreibe meinen Bericht. Nach einer Weile höre ich lautes Lachen von oben und denke mir, da geh ich doch mal kucken. Meine Eltern lernen mit Amy Englisch und Deutsch. Also jeder die Sprache, die er nicht so kann. Das ist ganz witzig und ich kann zwischendurch auch mal die eine oder andere Frage einwerfen. Manche Sachen weiß Amy allerdings auch nicht. Nach einer Weile sind wir alle müde. Jörg geht zur Arbeit und wir ins Bett.
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