Weiche Knie und harte Felsen
Tag 11 - 11.09.2005
Als ich aufwache, ist mein schlechtes Gefühl wegen dem Computer immer noch nicht weg. Das Hauptproblem an der ganzen Sache ist, daß ich meine Fotos und die meines Vaters irgendwo abladen muß. Das kommt davon, wenn man nur noch digital fotografiert. Nach dem Aufstehen probiere ich noch einmal, den Computer zu starten und tatsächlich, es klappt. Das beruhigt wenigstens ein kleines bißchen und ich kann mal bei Spiegel Online kucken, was es so Neues aus Deutschland gibt.
Das Comfort Inn ist einigermaßen in Ordnung, das einzige was gestört hat war die Wärme im Zimmer. Das Fenster ging nicht zu öffnen, wahrscheinlich hat das seit Urzeiten schon keiner mehr probiert, und die Klimaanlage ist wie immer extrem laut. Dafür gibt es ein Continental Breakfast, das heißt, es gibt nicht die typischen amerikanischen Sachen wie Rührei und Schinken und Speck, sondern etwas Angenehmeres wie Corn Flakes und Bagel. Auch kann man sich selber frische Waffeln backen.
Laut meinem GPS sind wir mittlerweile auf über 1100 Metern angelangt. Das ist aber kein Vergleich zu dem, was heute auf uns wartet.
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Der westliche Rand von Kansas: Flache Grasebenen bis zum Horizont. |
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Unser Ziel, der Bundesstaat Colorado. |
Die Fahrt geht noch ein kleines Stückchen weiter auf der Interstate 70. In einem Ort mit dem Namen Limon biegen wir dann auf die US-Route 24 in Richtung Colorado Springs, einem Ort südlich von Denver. Die Straße geht ganz schön nach oben, obwohl man das an sich gar nicht so merkt. Aber wir erreichen immerhin eine stolze Höhe von knapp über 2000 Metern.
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Nur glückliche Gesichter. Das kann sich im Laufe der Fahrt aber auch mal ändern, je nachdem, ob sich die Kinder auf der Rückbank kloppen oder nicht. Das ist ganz besonders toll, wenn Jörg und Amy beide vorn sitzen und ich als Puffer zwischen die Kinder gesteckt werde. |
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Nichts für Naturliebhaber. |
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Daniel hat es am gemütlichsten, aber er weiß das auch nicht immer zu schätzen. |
Mein Bruder hat schon sämtliche interessanten Punkte herausgesucht und so steht in Colorado Springs der Besuch der Seven Falls an. Dies ist ein Wasserfall, der in sieben Stufen eine ziemliche Höhe überwindet. Da ich wegen dem Computerabsturz gestern nicht die nächsten Karten auf mein GPS laden konnte, müssen wir die altertümliche Methode des Kartenlesens wiederbeleben. Dabei versagt mein Vater in sämtlichen Belangen und wir landen in einer ziemlich noblen Wohngegend. Das ist zwar auch recht interessant, aber nicht das, was wir wollten. Amy sitzt gerade auf dem Beifahrersitz und wie Frauen im Gegensatz zu Männern so sind, fragt sie einfach ein paar Leute, die gerade auf dem Bürgersteig herumlaufen. Diese haben auch keine Ahnung, aber das ist kein Wunder, denn sie kommen aus New Orleans. Upps... (Falls sich das hier jemand in fünf Jahren noch mal durchliest, da war gerade der Hurrikan Katrina und hat die Stadt überflutet.)
Meine Eltern und mein Bruder sind irgendwie immer noch nicht an die hiesigen Verhältnisse angepaßt, denn in den USA ist eigentlich alles ausgeschildert und man braucht gar keine Karte. Also fahren wir zurück zur letzten Ecke, wo ein Schild in Richtung der Wasserfälle gewiesen hat und fahren da einfach mal gerade aus. Das klappt natürlich hervorragend. Der Eintritt ist ganz schön happig, aber wo wir schon mal da sind, drehen wir natürlich nicht um.
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Die Seven Falls. An der Wand geht eine Treppe hinauf, die über 200 Stufen hat. |
Mir macht die dünne Luft ein bißchen zu schaffen, ich brauche da immer ein wenig Zeit, mich zu aklimatisieren. Meinen Eltern und meinem Bruder macht das gar nix und die Kinder toben auch rum, als sei gar nichts. Nur Amy hechelt auch ein wenig, aber sie schiebt das darauf, daß sie ja gerade erst die Schwangerschaft hinter sich hat. Ob Daniel wegen der dünnen Luft oder aus purer Lust ein Nickerchen macht, weiß ich allerdings nicht. Als erstes kann man mit einem Aufzug auf einen Felsen fahren, der gegenüber den Wasserfällen ist. Nachdem wir den dort befindlichen Souvenirshop geplündert haben, geht es hinüber zu der großen Treppe. Auf halbem Weg zur ersten Zwischenstation überlege ich, ob das so eine gute Idee war. Ich laufe zwar extra langsam, aber bin schon mächtig außer Puste. Bei der ersten Zwischenstation muß ich mich dann erstmal hinsetzen und wie ich da so gemütlich mit Amy sitze überlege ich mir, daß ich nicht weiter gehen will. Das ist mir einfach zu riskant. Amy hingegen rafft sich noch mal auf und klettert den zweiten Teil auch noch. Ich bleibe sitzen und mach ein paar Fotos.
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Da rauscht das Wasser in einer sehr merkwürdigen Art und Weise nach unten. |
Nach einer Weile begebe ich mich auf den Rückweg. Das ist doch ein bißchen gruselig, nicht wegen der Höhe, sondern weil man ja drüber nachdenkt was passieren könnte, wenn einem die Luft wegbleibt und man die Treppe nach unten stürzt. Aber runtergekommen sind bis jetzt noch alle und ich mache da keine Ausnahme. Nach einem Weilchen kommen auch die anderen.
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Da kommt die Bande. |
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Hier sieht man, daß Amy eigentlich Höhenangst hat. |
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Daniel verschläft mal wieder alles. |
Amy und ich haben nun doch ein bißchen weiche Knie und so geht es erstmal ein Stückchen mit dem Auto weiter und wir machen auch einen kleinen Zwischenstop, um etwas bei einem original echten Mexikaner zu essen. Daniel hat nun schlechte Laune, weil er schlafen möchte und das tut er am liebsten auf dem Bauch. In seinem Tragekorb kann er aber nur auf dem Rücken liegen und so muß das ganze Restaurant ein wenig drunter leiden. Unser nächstes Ziel ist die Royal Gorge Bridge, die höchste Hängebrücke der Welt.
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Lebende Tiere am Straßenrand. Da haben die jungen und alten Kinder was zu kucken. |
Auf allen Karten und im Reiseführer wird der Eindruck erweckt, daß man mit dem Auto über die Brücke fahren kann, aber das ganze ist eher so eine Art Vergnügungspark. Der Eintritt kostet 20 Dollar und wenn man nur über die Brücke gehen will immer noch 10. Das ist natürlich viel zu viel und so verkneifen wir uns das. Mein Vater erweckt allerdings mit seinem nicht mal bruchstückhaften Englisch sehr viel Mitleid bei dem Eintrittsaufpasser und so darf er mal hingehen und ein paar Fotos machen. Wir anderen begnügen uns mit einem kostenlosen Aussichtspunkt.
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Unter der Brücke geht es 400 Meter in die Tiefe. |
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Auf Felsen zu klettern ist eigentlich verboten. Kein Wunder, daß Nick und Bella das gleich nachmachen müssen. Bei so einem schlechten Vorbild... |
Da es mittlerweile schon ein wenig später ist, fahren wir nun aber nur noch ein kleines Stückchen und steigen in einem Ort namens Salidas wieder in einem Quality Inn ab. Es gibt ein Schwimmbad mit einem Whirlpool und das lassen wir uns natürlich nicht entgehen. Leider ist der Whirlpool schon mit Leuten besetzt und wenn ich mir den Biervorrat anschaue, dann wird er das auch noch ein Weilchen bleiben. Also schwimmen wir nur ein bißchen umher.
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Sonnenuntergang über den Rocky Mountains. |
Mein Computer macht beim abendlichen Kopieren der Fotos wieder einen Abgang und so probiere ich diesmal meine beschränkten Mittel aus und baue einen von den beiden Speicherbausteinen aus. Mal schauen, ob er die Nacht durchhält. Achja, vom 11. September haben wir übrigens fast gar nichts mitbekommen.